Wir wurden mal gefragt, ob unser Produkt nachhaltig ist. Natürlich! Schließlich haben wir bei der Entwicklung des Produkts und der Prozesse auf diverse Zertifizierungen, minimale Verpackung und direkte Transportwege geachtet. Leider ist die Frage, ob etwas nachhaltig ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Ob es letztlich nachhaltig ist, entscheidet sich am Verhalten aller Beteiligten.
Stellen Sie sich vor, Sie kaufen fair gehandelten Kaffee aus ökologischer Landwirtschaft. Da Kaffee aber nach einer Stunde auf der Warmhalteplatte nicht mehr viel mit Genuss zu tun hat, kippen Sie ihn weg.
Oder Sie bekommen zu Weihnachten ein innovatives Smartphone, das mit Nachhaltigkeits-Awards nur so überhäuft wurde, geschenkt. Da Sie aber an die Bedienung nicht gewöhnt sind, kaufen Sie sich, nachdem das Gerät ein halbes Jahr nur rumlag, doch die neue Version des Ihnen bekannten Gerätes.
Die Beispiele machen deutlich: Ein Produkt ist letztendlich nicht per se nachhaltig. Ein Produkt kann nachhaltig produziert, genutzt und entsorgt werden. Dies erfordert die Zusammenarbeit von Rohstoffproduzenten, Herstellern, Kunden und Entsorgern.
Die Nutzung hat mit den größten Einfluss auf die Ökobilanz eines Produktes. Durch unser allzu menschliches Verhalten kann dies problematisch werden: Denn leider neigen wir unter Umständen paradoxerweise dazu, uns weniger altruistisch zu verhalten, wenn wir „grüne“ Produkte kaufen. Um dies zu vermeiden, müssen wir uns bewusst machen, welche Faktoren unseren ökologischen Fußabdruck besonders beeinflussen. Über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes kann dies sehr unterschiedliche Aktionen erfordern, weshalb wir diese Phasen einzeln analysieren:
Wollgewinnung: Bei der Auswahl unserer Lieferanten haben wir auf eine Reihe von Zertifizierungen geachtet, um sicherzustellen, dass der Rohstoff so umweltfreundlich wie möglich gewonnen wird. Dazu zählt, dass es den Schafen selbst gut geht und insbesondere auf Mulesing verzichtet wird. Unsere Rohwolle stammt aus Australien und Schafe werden vorwiegend dort gehalten, wo keine andere Landwirtschaft möglich ist. Schafe sind äußerst genügsame Tiere, was die Anforderungen an Ihre Umwelt betrifft.
Produktion: Einer der folgenreichsten, negativen Faktoren für die Umwelt liegt in unserem saison- und kollektionsgetriebenen Selbstverständnis von Mode. Um diesem entgegenzuwirken, haben wir die Entscheidung getroffen, nur Produkte anzubieten, die zeitlos und saisonunabhängig sind. Damit die lange Nutzung möglich ist, wird Verarbeitungsqualität zu einer strategischen Anforderung.
Trade-offs sind nicht immer zu verhindern und so geht es darum bewusste Entscheidungen zu treffen, die so minimal invasiv für die Umwelt sind wie möglich. Zum Beispiel planten wir ursprünglich einen Stoff zu verwenden, bei dem die Wolle um einen Nylonfaden gesponnen wird. Dies erhöhte die Strapazierfähigkeit des Stoffes, erschwert bis verhindert jedoch das spätere Recycling und führt zur Freisetzung von Microplastik beim Waschen.
Damit die lange Lebensdauer des Shirts gewährleistet ist, können wir leider auf die Verwendung von Kunststoffen bei den Nähten noch nicht ganz verzichten. Aber mit der Entscheidung den Hauptstoff so anpassen dass er auch ist jedoch aus 100% Merino Wolle.
Mit dem Ziel, langfristige Partnerschaften aufzubauen, anstelle Lieferanten austauschbar zu machen, sind uns faire Arbeitsbedingungen nicht nur aus offensichtlichen Gründen besonders wichtig. Vertrauen in Geschäftsbeziehungen senken die Transaktionskosten für alle Parteien.
Transport: Unsere Wolle kommt aus Australien und das heißt, sie muss um die halbe Welt transportiert werden, bis sie bei Ihnen ist. Das klingt gewaltig, der Impact davon ist jedoch sehr gut zu steuern. Wir achten darauf, dass die Lieferkette so direkt wie möglich ist. Interessanterweise spielt der Transport im gesamten Lebenszyklus nur eine untergeordnete Rolle.
So wiegen 500 Merino Shirts inklusive Produkt- und Versandverpackung weniger als 100 kg. Den entstandenen CO2-Fußabdruck kompensieren wir über die gemeinnützige Gesellschaft Atmosfair.
Dass unsere Verpackung aus Altpapier ist, versteht sich für uns von selbst.
Use contributes over 60% of the indicators for human toxicity, freshwater and marine ecotoxicity, metal depletion, ionizing radiation as well as water depletion.
Laitala, Klepp, Henry, 2018
Nutzung: Ab dieser Phase wird primär der Verbraucher für die Auswirkung auf die Umwelt verantwortlich. Und der Einfluss ist erheblich, wie das obige Zitat verdeutlichen soll. Denn die Herstellung erfolgt einmal, Waschen, Trockenen und Bügeln jedoch regelmäßig.
Eine einzige Maßnahme alleine ist jedoch nicht entscheidend, sondern ein guter Mix: Nach einmaligem tragen reicht es, das T-Shirt über Nacht (draußen) auszulüften. Beim Waschen nutzen Sie umweltfreundliches Waschmittel, ohne Weichmacher und achten Sie darauf, dass die Waschmaschine auch voll ist. Nutzen Sie höhere Temperaturen nur, wenn nötig und verzichten Sie auf den Trockner, sowie bügeln. Und sollten Sie mal ein Loch im Shirt finden, lassen Sie es bei Ihrer Schneiderei vor Ort stopfen, anstatt es zu ersetzen. Das alles zusammen wird über die Jahre hinweg eine fast schon gigantische Menge an Ressourcen sparen.
Noch ein Hinweis zu den Waschtemperaturen: Als Hersteller sind wir verpflichtet, die Pflegehinweise so anzugeben, dass keine Qualitätsminderung am Produkt entstehen kann. Weshalb sie eher konservativ sind. Ähnliches gilt für Waschmaschinen. Die Waschgänge haben keine Mindesttemperatur und so kommt es vor, dass die tatsächliche Temperatur mehr als 10 Grad geringer ist als angegeben.
Ich persönlich wasche meine Merino Shirts zusammen mit meiner anderen Wäsche im 40 °C Programm. So ist die Maschine immer voll und ich muss nicht für die Wolle einen extra Waschgang starten, der vieleicht nur halb voll würde.
Wool is one of the most recycled fibres. With a market share of 1,3% of all textile fibres, wool claims 5% within the recycled fibres market share identifying wool as a suitable fibre for recycling.
Laitala, Klepp, Henry, 2018
Re-Use and Re-cycle: Wie oben erwähnt, wird Wolle bereits deutlich häufiger recycled als die meisten anderen Stofffasern.
So kann Wollkleidung hervorragend für die Wiederverwendung in Teppichen verwendet werden. Diese wiederum können zerrieben werden und dann, als Dünger genutzt werden haben sie ihrerseits das Ende des Lebenszyklus erreicht.
Und ob direkt nach der ursprünglichen Nutzung oder nach der Wiederverwendung – sollte keine weitere Verwendung möglich sein – kann die Wolle einfach kompostiert werden und somit nach Ende des Lebenszyklus als Nährstofflieferant für die nächste Generation dienen.
Sollten Sie sich also demnächst wieder einmal die Frage nach der Nachhaltigkeit eines Produktes stellen, fragen Sie sich wie dessen Gesamtlebenszyklus aussieht inkl. der Nutzung durch Sie selbst. Passt diese gut in Ihren Alltag, dann ist die Wahrscheinlichkeit gut, dass Sie das Produkt auch nachhaltig nutzen werden. Erfordert die „richtige“ Nutzung jedoch extra Aufwände, große Verhaltensänderungen o. Ä., dann schauen Sie sich vielleicht doch noch mal weiter um, nach einem Produkt, dass unter dem Strich in Ihrem Alltag einen positiven Unterschied für alle macht.
Quellen:
- Hauptquelle: Kirsi Laitala, Ingun Grimstad Klepp, Beverley Henry, Does Use Matter? Comparison of Environmental Impacts of Clothing Based on Fiber Type, Sustainability 2018, 10, 2524; doi:10.3390/su10072524
- Einführung: Do Green Products Make Us Better People?
- https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0956797610363538
- Nutzung: https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/energie/60-grad-waschprogramm-vorgetaeuscht/
- Re-Use and Re-cycle: Steven J.McNeil, Matthew R.Sunderland, Larissa I.Zaitseva, Closed-loop wool carpet recycling, Resources, Conservation and Recycling 2007; https://doi.org/10.1016/j.resconrec.2006.09.006
Bildquellen:
- Lifecycle Grafik: Eigene Darstellung
- Wollgewinnung: Photo by Hamish Weir on Unsplash
- Produktion: Eigene Aufnahme
- Transport: Photo by Patrick Brinksma on Unsplash
- Re-Use and Re-cycle: Ran Berkovich on Unsplash